Der Verein zur Pflege des Brauchtums Günzburg e.V.
Wurzeln und Wesen der Fasnacht
Bei der Fasnacht(schwäbisch-alemannisch Fasnet),
handelt es sich um den Zeitabschnitt zwischen
Dreikönig und Aschermittwoch.
Woher die Bezeichnung "Fasnacht" eigentlich
kommt, darüber sind sich die Gelehrten nicht einig.
Ist ihr Ursprung in "vasnat" zu suchen, wie sie
Wolfram von Eschenbach
1206 in seinem Parsival beschreibt? Oder in
"vastenaht"? Ist damit "kleiden", "sich einwickeln"
gemeint oder "sich vergnügen" im Sinne von ausgiebigem "Suff aus dem
Faß"? Hat sie etwas mit "faseln" zu tun oder eben doch einfach "nur" mit
dem Fasten nach Beendigung des allgemeinen Frohsinns? Fest steht,
dass anfangs für die 40 langen Fasttage von morgens bis abends keine
kostbaren Speisen und Getränke erlaubt waren und nach der Vesper nur
Brot, Salz und Wasser.
Um die bösen Geister des Winters zu verbannen und damit dem Frühling
Tür und Tor zu öffnen, vermummten sich die Menschen und hofften
durch ihr abschreckendes Äußeres den Winter zu vertreiben. Die
Christianisierung ließ manch heidnische Kulthandlung von der Bildfläche
verschwinden. So wurden zum Beispiel im Jahre 633 n: Chr. von der
Kirche alle Narrenfeste um die Jahreswende verboten.
Durch den Einfluß der römischen Kirche im Mittelalter wurde daraus die
"Fast-Nacht". Darunter war nun die letzte Nacht vor
der Fastenzeit zu verstehen, in der sich die
Bevölkerung noch einmal so richtig austoben
konnte.
Mit der Gründung der Handwerkszünfte und
–vereinigungen kann bereits von einer organisierten
Fasnacht gesprochen werden, da die Zünfte vom
Rat der Stadt die Erlaubnis einholten, an einem Tag
in der Fasnacht tanzen zu dürfen. Die
Handwerkszünfte, an der Spitze der Elferrat, der
von den Zunftmitgliedern alljährlich gewählt wurde
und als Städtevertreter galt, gestalteten das
Fasnachtstreiben. Nach diesem Vorbild sind heute
noch manche Narrenzünfte organisiert.
Mit der Renaissance begann in Italien an den Fürstenhöfen ein neues
Fasnachtstreiben, ein Maskenspiel, das eben durch seine
Ausgelassenheit überall bekannt wurde. Bald fasste diese neue Richtung
auch bei uns Fuß – bis die Magistrate der Städte diese Feste mit Tanz
und Reigenspiel erneut verboten.
In den Klöstern begann eine neue Art, die Fasnachtsfeste aufzuführen.
Es waren theatralische Vorführungen, die von Klosterschülern gespielt
wurden. Hier dominierte die Sprache, die Dichtkunst und eine reiche
künstlerische Gestaltung, Es dauerte nicht lange, da fand man auch auf
dem Lande solche Theatervorführungen.
Nach dem zweiten Weltkrieg entsann man sich der
alten Tradition und gestaltete nach dem Vorbild der
alten schwäbisch-alemannischen Fasnacht Masken
und Kostüme, die typischen Figuren aus Sagen und
anderen Geschichten nachempfunden wurden und
jeweils ortsgebunden waren. Es galt vor allem, die
Bevölkerung nach den Wirren des Krieges
aufzumuntern und das verlorengegangene
bodenständige Brauchtum neu aufleben zu lassen.
Warum schlüpfen die Menschen im 20.
Jahrhundert noch ins Narrenkleid?
Die Vermummung schafft für alle Beteiligte
zahlreiche neue Kommunikationsmöglichkeiten, die
im wahrsten Sinne des Wortes "nicht alltäglich" sind.
Auf das hübsche Mädchen kann der zum Narren verwandelte Bürger
plötzlich spontan zugehen, den Prominenten redet er mit einem
vertraulichen "Du" an.
Welchen Spielraum die Fastnacht bietet, spürt der Narr erst am
Aschermittwoch, wenn er wieder in sein normales Leben zurückkehrt. Er
bemerkt, dass es nicht der Fastnachtstrubel, sondern eben der Alltag ist,
in dem die Menschen sich verstellen und eine Rolle spielen.
Fastnacht bedeutet somit letztlich weniger
Maskierung als vielmehr Entlarvung.